Musst du Rudelführer sein?
Dein Hund muss immer hinter dir laufen, darf erst nach dir essen, darf nichts ohne deine Zustimmung machen, darf nur auf einem einzigen festen Platz liegen usw. – sonst stiehlt er angeblich deinen Rang als Rudelführer.
Diese Aussagen basieren auf überholten Vorstellungen der Dominanztheorie und einer vermeintlichen Rudelstruktur im Umgang mit Hunden.
Moderne, wissenschaftlich fundierte Trainingsmethoden stützen sich längst auf das Prinzip, dass die Beziehung zwischen Mensch und Hund vor allem durch Vertrauen und Kooperation geprägt ist – nicht durch Dominanz oder Hierarchien.
In der heutigen Hundetrainingswelt wissen wir:
→ Hunde und Menschen können ein enges Sozialverhältnis auf Augenhöhe aufbauen.
→ Wo der Hund läuft – vor oder hinter uns, ob er vor oder nach uns isst, seinen Schlafplatz selbst wählt oder auch eigene Entscheidungen trifft – all das hat absolut keinen Einfluss auf unsere Rangposition in seiner Wahrnehmung.
Ein Hund ist ein soziales Lebewesen, das sich von Natur aus gern eng an den Menschen bindet – und in keiner Weise vorhat, die Weltherrschaft an sich zu reißen.
Er ist bestrebt, den Menschen zu lesen, zu verstehen und ihm zu gefallen.
Nichts, was ein Hund tut, geschieht, um den Menschen zu ärgern oder seine Autorität infrage zu stellen – sondern weil er es schlicht (noch) nicht besser weiß.
Alles, was der Hund lernen und können sollte, um in unserem menschlichen Lebensraum gut zurechtzukommen, kann ihm ganz problemlos positiv beigebracht werden.
Ein Hund muss die Möglichkeit haben, ohne Stress und Angst zu lernen und zu verstehen.
Das Wichtigste ist, dass der Hund sich sicher und wohlfühlt – und dass er gut und freudig auf Kommandos reagiert, wenn es notwendig ist.
Natürlich soll er z. B. auch lernen, in gewissen Situationen hinter dem Menschen zu gehen, nicht aus der Tür auf die Straße zu preschen usw.
Aber das dient seiner eigenen Sicherheit und wird nicht erlernt, um die Ranghöhe zu klären oder eine angebliche Dominanz seinerseits zu unterbinden – geschweige denn die eigene zu untermauern.
Vorteile eines entspannten Ansatzes
Vertrauen stärken:
→ Wenn wir Hunde selbstbestimmt neben oder auch vor uns laufen lassen (wenn es sicher ist), vermitteln wir Vertrauen und ermöglichen dem Hund, seine Umgebung zu erkunden.
Förderung von Kooperation statt Gehorsam:
→ Ein Hund, der freiwillig und aus Interesse bei uns bleibt, entwickelt eine engere Bindung als ein Hund, der durch Kontrolle in seiner Position gehalten wird.
Flexibilität und Freiheit:
→ Den Hund in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Positionen einnehmen zu lassen, wirkt mental stimulierend und zeigt ihm, dass er auch selbst Entscheidungen treffen kann – natürlich im Rahmen der Sicherheit und der Bedürfnisse des Umfeldes.
Zusammengefasst:
Wo dein Hund läuft, wann er frisst, wo er liegt usw. ist eine Frage der Praktikabilität und Sicherheit – nicht der Führungsrolle.
Es ist ein Mythos, dass Hunde uns nur respektieren, wenn wir bestimmte Dinge einfordern.
Ein moderner Ansatz basiert vielmehr auf Belohnung, Verständnis und Kooperation.