Was kostet ein Hundesalonbesuch und was davon bleibt dem Hundefriseur?

Liebe Kundinnen und Kunden,

wie viele von euch gemerkt haben, musste ich ab Oktober meine Preise anheben.

Der größte Teil meiner Kunden reagiert mit Verständnis. Einige können es nicht ganz nachvollziehen, bleiben mir aber trotzdem treu – und zum Glück nur ganz, ganz wenige haben sich verabschiedet.

Ich kann jede Reaktion irgendwie nachvollziehen, weil ich weiß, was viele denken:
50–70 € Stundenlohn … wow … so viel hätte ich auch gerne … damit wäre ich reich. Das wird Natalie sicher längst sein.“

Leider ist das ein absoluter Trugschluss, denn:

Umsatz ist KEIN Stundenlohn!

Deshalb habe ich mich heute entschieden, meine Geschäftszahlen einfach mal offen zu legen – um deutlich zu machen, was mir am Ende wirklich bleibt.

Vielleicht verstehen dann nicht nur andere Selbständige, sondern auch alle anderen, dass kleine Einzelunternehmen sich definitiv keine goldene Nase verdienen – sondern oft sogar weniger Geld übrig haben als Angestellte, dabei aber deutlich mehr arbeiten und das Risiko zu scheitern sehr hoch ist.

Denn:
→ Wenn wir krank werden oder Urlaub nehmen, verdienen wir gar kein Geld.
→ Eine Versicherung, die ab dem ersten Tag Krankengeld zahlt, ist utopisch teuer.
→ Meine greift erst nach 6 Wochen Krankheit. Die 6 Wochen davor erhalte ich nichts und muss von hoffentlich Erspartem leben.

Ob Erspartes übrig bleibt, seht ihr gleich.


Offenlegung meiner Einkünfte (Durchschnittswerte)

Ich nehme pro Tag durchschnittlich 4 Hunde an.

70 % kleine Schneiderassen
20 % kleine Konturrassen
10 % große Hunde

Durchschnittlicher Preis pro Hund: 75 €
(50 € pro Stunde, ca. 1,5 Stunden pro Hund, 15 Minuten Pufferzeit unberechnet)

(Preise seit der Erhöhung – früher waren es 65 €.)


Rechnung:

4 Hunde pro Tag → 75 € × 4 = 300 € pro Tag

5 Tage pro Woche → 1.500 € pro Woche

20 Tage pro Monat → 6.000 € Umsatz pro Monat


Und jetzt kommt’s:

Umsatz ist nicht gleich Gewinn.


Abzüge

19 % MwSt → gehen direkt an den Staat.

→ Bleiben: 4.860 € pro Monat.


Fixkosten pro Monat

Salonmiete inkl. Strom, Wasser, Heizung: 557 €
Gewerbeversicherung: 72,40 €
Shampoo, Conditioner, Pflegespray usw.: 150 €
Schleifen von Scheren und Scherköpfen: 72 €

Gesamtausgaben: 851,40 €

(Anschaffungen, Maschinen, Reparaturen usw. noch nicht eingerechnet.)


Zwischenstand

4.860 € – 851,40 € = 4.008,60 € Gewinn (vor Steuern)


Steuern

22,13 % Gewerbesteuer und Einkommensteuer (im Schnitt)

Gewinn nach Steuern: 3.121,44 € pro Monat


Krankenkasse

→ Ca. 700 € pro Monat


Endgültiges Nettoeinkommen

2.421,44 € pro Monat


Umgerechnet pro Hund und Stunde

→ ca. 80 Hunde im Monat

30,26 € pro Hund

20,17 € pro Stunde (bei 1,5 Std. pro Hund)


Viele denken jetzt: „20 € Stundenlohn – klingt doch okay.“

Ja – wäre es … WENN:

→ ich Urlaub bezahlt bekäme,
→ bei Krankheit weiterhin Einnahmen hätte,
→ eine Rentenversicherung vom Arbeitgeber bekäme,
→ keine Pufferzeiten und Ausfallzeiten hätte,
keine zusätzlichen Arbeiten wie Buchhaltung, Werbung, Kundenkommunikation und Organisation erledigen müsste.


Nicht berücksichtigt:

Nicht erschienene Kunden
Kurzfristige Absagen
Buchhaltung, Mails, Telefonate, WhatsApps, Terminabsprachen, Werbung (Instagram, Facebook, Website)
Pufferzeiten
Unvorhersehbarer Mehraufwand bei einzelnen Hunden
Verzögerungen durch unpünktliche Kunden


Warum ist das so wichtig?

Ich möchte stressfrei und hundefreundlich arbeiten.

Stress überträgt sich sofort auf die Hunde.

→ Ein entspannter Hund arbeitet viel lieber mit – und genau dafür sind meine Kundenhunde bekannt.

→ Das ist kein Standard in Hundesalons!


Fazit

Ich mache meine Arbeit aus Liebe zum Hund.

Aber ich muss davon auch leben können – es ist kein Hobby!

Ohne faire Bezahlung ist das dauerhaft nicht möglich.


Zukunft

Ich werde:

optimieren
Pufferzeiten reduzieren
→ ggf. mehr als 4 Hunde pro Tag annehmen
Dienstleistungen und Produkte anpassen
längerfristig finanzielle Sicherheit schaffen (Rente, Krankheit, Urlaub)


Warum die Preiserhöhung?

Nicht um reich zu werden – sondern um zu vermeiden, irgendwann in die Insolvenz gehen zu müssen.


Realität in der Branche

Kein Hundesalon kann mit einem Stundenlohn unter 50 € langfristig überleben.

Wer für weniger arbeitet:

→ ist evtl. nicht darauf angewiesen (Partner verdient mehr / Nebengewerbe),
→ arbeitet schwarz,
→ arbeitet unrealistisch viele Stunden,
→ lebt von der Substanz und wird es irgendwann bereuen,
→ hat evtl. Angestellte, die für noch weniger arbeiten – was nicht fair ist.


Bitte achtet beim Salonbesuch auf:

Qualität der Leistung
Umgang mit den Hunden
Transparente und faire Preise

Billig ist oft nicht wirklich günstig – irgendwo wird dann gespart (auf Kosten der Hunde, der Qualität oder der eigenen Gesundheit).


Warum gibt es so wenige Hundesalons?

Krankheit,
Insolvenzen,
Berufswechsel.

Die Arbeit ist:

schön,
anstrengend,
gesundheitsgefährdend,
→ oft schlecht bezahlt.


Mein Appell an euch:

Überlegt euch bitte, ob 10 oder 20 € Ersparnis wirklich wichtiger sind als:

→ die Existenz eures vertrauensvollen Salons
→ die Wohlfühlatmosphäre für euren Hund
→ eine hochwertige und stressfreie Pflege

Ihr bringt euren Hund nicht wöchentlich, sondern im Schnitt alle 6–8 Wochen.

Investiert lieber in eine gute Pflege – es kommt eurem Hund direkt zugute.


Liebe Grüße, eure Natalie

1 Gedanke zu „Was kostet ein Hundesalonbesuch und was davon bleibt dem Hundefriseur?“

  1. Hallo Natalie Hitschler,
    auf der Suche nach einem Hundesalon für unseren 3 Monate alten Pudelwelpen bin ich auf Ihre Seite gestoßen und war ganz begeistert. Habe auch diesen Beitrag über die Kostenrechnung mit großem Interesse gelesen – manchmal macht man sich wenig Gedanken. Danke für die Aufklärung!!!
    Ich wollte einen Termin bei Ihnen vereinbaren und habe vor Begeisterung übersehen, dass keine Neukunden mehr angenommen werden.
    Das ist so schade, aber vielleicht klappt es ja irgendwann.
    Liebe unbekannte Grüße und alles Gute für Sie.

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