Heute habe ich ausnahmsweise mal ein nicht ganz so schönes Thema, das aber immer wieder im Salon auftaucht.
Das Phänomen:
Ein Neukunde kommt mit einem extrem verfilzten Hund zum ersten Mal in den Salon.
Manche wettern direkt über den letzten Salon, der ja so schlimm war, weil … (unterschiedliche Gründe). Andere erzählen, der Züchter habe gesagt, Bürsten sei verboten oder nur mit Kamm, Menschenbürste etc. erlaubt.
Wieder andere sagen, sie pflegen selbst und bürsten natürlich regelmäßig jeden Tag den kompletten Hund. Bei manchen stimmt das sogar – allerdings bürsten sie leider falsch, oberflächlich, unzureichend oder mit dem falschen Equipment.
Das Resultat: ein Hund, der äußerlich passabel und gepflegt aussieht, aber unter der gebürsteten Fellschicht bis zur Haut verfilzt ist.
Alle diese Hundebesitzer vereint meist eines: Sie sind natürlich niemals selbst schuld, sondern immer die Umstände oder andere Personen.
Aber egal … der Hundefriseur wird das schon in 1–2 Stunden richten – und der Hund wird dann mit luftig wehender Mähne stolz aus dem Salon schreiten und natürlich nie wieder verfilzen.
Und genau DAS ist fast immer absolut unmöglich!
Es gibt Hundefriseure, die in stundenlanger Kleinstarbeit versuchen, ein verfilztes Fell zu retten bzw. es vielleicht auch schaffen.
Natürlich gibt es auch ein paar Fälle, in denen es Sinn macht.
Aber das ist definitiv nicht in 1–2 Stunden machbar – und meistens tut es dem Hund weh, und er wird den Salon nicht in guter Erinnerung behalten.
Ich lehne in meinem Salon das Entfilzen von großen Körperpartien komplett ab.
Dazu zählen nicht ein paar Knötchen hinter den Ohren oder an den Achseln – ich rede von richtigem Filz.
Wenn ein Hund falsch oder unzureichend gepflegt wird, gibt es zwei Möglichkeiten:
(Einzige Ausnahme: Unterwollhunde dürfen nicht geschoren werden. Aber diese verfilzen in der Regel auch nicht so heftig und lassen sich relativ gut entfilzen.)
→ Ich schere den Hund unter dem Filz, was meistens sehr kurz sein wird, da der Filz oft bis an die Haut reicht.
→ Oder der Besitzer sucht sich einen anderen Salon.
Wenn ich schere, dann versuche ich dem Besitzer vorher zu verdeutlichen, dass das Ergebnis natürlich nicht so „schick“ aussehen wird, wie er es eigentlich gewünscht hatte.
Nicht jedem Hund steht ein Kurzhaar-Look.
Außerdem reagieren einige Hunde nach der Radikalschur für eine Weile ggf. anders als normal.
Ihnen wurde plötzlich der gewohnte Fellpanzer genommen – eine Art Schutzschild – und auf einmal sind sie „nackt“.
Stellen Sie sich vor: Sie gehen im Wintermantel zum Friseur, lassen sich Vollbart und Dreadlocks abrasieren – und werden anschließend ohne Kleidung nackt auf die Straße geschickt.
Würden Sie dann hocherhobenen Hauptes stolz über die Straße flanieren – oder sich ziemlich schutzlos und unwohl fühlen?
Es gibt Hunde, die mehrere Tage benötigen, um sich an das neue Körpergefühl zu gewöhnen.
Sie sind in dieser Zeit ängstlich, unsicher, ziehen sich zurück, wollen nicht raus, drücken sich an Hauswände usw.
Andere wiederum sind einfach nur glücklich und erleichtert, endlich vom Fellpanzer befreit zu sein.
Egal wie Ihr Hund reagiert: Nicht der Hundefriseur ist schuld an diesem Verhalten, sondern SIE, weil Sie es versäumt haben, Ihren Hund richtig oder regelmäßig zu pflegen.
Immer wieder habe ich Neukunden, die mit Filzhunden zu mir kommen.
Ich erkläre ihnen alles ganz genau, lasse ihnen absolut die Wahl, ob ich ihren Hund scheren soll oder nicht, kläre über ggf. vorkommende Verhaltensauffälligkeiten auf und sage deutlich, dass das Ergebnis oft nicht wirklich schön werden wird.
Bisher hatte ich fast keinen Kunden, der den Hund ungepflegt wieder mitnehmen wollte.
Alle stimmten zu – und ich tat, was zu tun war.
In den meisten Fällen sind die Kunden beim Abholen einsichtig, räumen ein, dass sie evtl. doch etwas falsch gemacht haben könnten.
Manche nehmen sich meinen Rat zu Herzen, kaufen sich meine empfohlenen Bürsten und kommen ab sofort regelmäßig zur Pflege in den Salon – und haben bald einen schönen, gepflegten Hund mit luftigem, schönen Haarkleid.
Bei nicht wenigen anderen allerdings sehe ich solche Hunde genau ein einziges Mal – und dann nie wieder … oder ein Jahr später im selben Zustand wie beim letzten Mal.
Entweder ist es ihnen egal, ob ihr Hund verfilzt ist – Hauptsache, er sieht oben drauf gut aus.
Oder sie geben dem Hundefriseur trotz Aufklärung die Schuld, wenn ihr Hund eine Zeit lang nicht ganz so hübsch aussieht oder sich eine Weile anders verhält.
Solche Fälle machen mich immer sehr traurig.
Und wenn trotz aller Aufklärung dann auch noch eine schlechte Bewertung folgt, dann bin ich wirklich sauer – und mir vergeht die Lust daran, in Zukunft verfilzte Hunde überhaupt noch anzunehmen.
Ich bin immer dazu bereit, Menschen zu helfen, wenn sie einsichtig sind und erkennen, dass ihnen die Pflege etwas entglitten ist.
Aber ich bin nicht der Sündenbock, der am Ende schuld sein soll.
Und ja: Eine Filzschur kostet!
Wenn ein Kunde Geld sparen möchte, indem er den Hund nur selten in den Salon bringt und dazwischen selbst nicht richtig pflegt, dann wird es selbstverständlich teurer.
Denn diese Sparmaßnahme zum Nachteil des Hundes werde ich nicht unterstützen!
Zum Glück gibt es diese Menschen wirklich selten – aber jeder Hundefriseur kann ein Lied davon singen.
Und da ich aktuell wieder einen solchen Fall hatte, finde ich es wichtig, dieses Thema mal deutlich anzusprechen.
Gut geschrieben und bin voll bei dir.
Habe ich soo oft, viel zu oft!!
Ganz liebe Grüße
Elisa Hundesalon aus Emsdetten
Es ist erschreckend, wie viele Hundebesitzer das Thema nicht im Griff haben. Bisher hatte ich nur Anfragen nach Beruhigungsmitteln, weil der Hund schlecht erzogen war. Aber die Fellpflege scheint bei manchen genauso schlecht zu funktionieren. 🙁